Ist die Arbeit im gleichen Unternehmen mehr Regel als Ausnahme?
Arbeiten Sie im gleichen Unternehmen, verbringen Sie ein Drittel des Tages am gleichen Ort. Insoweit ist es nicht verwunderlich, wenn sich Paare am Arbeitsplatz kennenlernen. In familiengeführten Betrieben, in Arztpraxen und Anwaltskanzleien ist es naheliegend, wenn Ehepartner, die die gleiche oder eine ähnliche berufliche Ausbildung haben, zusammenarbeiten. Die Partner können sich gegenseitig unterstützen und in der Aufgabenerfüllung ergänzen. Ein prominentes Beispiel ist das Ehepaar Ugur Sahin und seine Frau Özlem Türeci, das mit der eigenen Firma Biontec den Corona-Impfstoff entwickelt hat.
Berufstypisch scheint es, wenn der Flugkapitän die Stewardess heiratet oder der Arzt die Arzthelferin. In diesen Fällen steht die Gelegenheit Pate. Wer auf der Brautschau ist oder nach einem Bräutigam Ausschau hält, kann mit Bedacht aus dem verfügbaren Angebot an potentiellen Partnern am Arbeitsplatz wählen, ohne Orte aufsuchen zu müssen, an denen die Wahl eher von Zufälligkeiten abhängig ist (z.B. in einer Diskothek).
Wo liegen die Vorteile, im selben Unternehmen zu arbeiten?
Sie brauchen im gleichen Unternehmen nicht unbedingt den gleichen Beruf auszuüben. Auch so profitieren Sie vielleicht von einer gemeinsamen beruflichen Leidenschaft und inspirieren sich gegenseitig. Weil Paare oft ausdrücklich daran interessiert sind, im gleichen Betrieb zu arbeiten, greifen Universitäten diesen Wunsch auf und bieten für Ehepartner oder solche, die es werden wollen, bereits duale Karrieren an.
- Arbeiten Sie im Unternehmen zusammen, haben Sie in der Person des Ehepartners einen Ansprechpartner, dem Sie hoffentlich blind vertrauen können. Manch eine Aufgabe ist dann schneller erledigt, als wenn Sie den „Dienstweg“ einhalten müssten.
- Arbeiten Sie im gleichen Unternehmen, kennen Sie die Arbeitszeiten und können Ihren Haushalt und eventuell die Betreuung Ihrer gemeinsamen Kinder gut koordinieren.
- Im Idealfall gibt es im Unternehmen einen Kindergarten. Dann ist es noch leichter, die Kinder zu betreuen und sich abzusprechen, wer die Kinder dorthin bringt und wieder abholt.
- Da der Weg zur Arbeit der gleiche ist, brauchen Sie idealerweise nur ein einziges Auto.
- Haben Sie das Bedürfnis, dem Partner in die Augen zu schauen, können Sie sich im Unternehmen verabreden, beispielsweise die Mittagspause gemeinsam zu verbringen.
Planen Sie Ihre Urlaube, könnte es leichter sein, die Freizeit aufeinander abzustimmen, vor allem, wenn das Unternehmen Betriebsferien ansetzt. Umgekehrt könne es aber auch schwieriger sein, wenn betriebliche Belange verhindern, dass beide Ehepartner gleichzeitig in Urlaub gehen.
Wann dürfen Ehepartner (nicht) zusammen arbeiten?
Es spricht nichts dagegen, wenn Sie als Ehepartner im gleichen Unternehmen arbeiten. Letztlich entscheidet der Unternehmer, ob Sie als Arbeitnehmer eingestellt und in welcher Position Sie tätig werden. Dabei muss der Arbeitgeber den Grundsatz der Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis beachten.
Liegt ein sachlicher Grund vor, kann er Regelungen treffen, um eine direkte Zusammenarbeit der Ehepartner wegen eines potenziell möglichen Interessengegensatzes zu vermeiden. Meist wird es dabei darum gehen, Spannungen zu vermeiden, die sich aus einem Vorgesetzten- und Mitarbeiterverhältnis ergeben könnten.
Teils könnten sich aber auch Einschränkungen ergeben, wenn Sie beispielsweise beide als Polizisten arbeiten und der Dienstherr es wegen des Gefährdungsrisikos und der objektiveren gegenseitigen Kontrolle vermeidet, beide zusammen auf Streife zu schicken. Sind Sie im öffentlichen Dienst beschäftigt, findet sich jedenfalls auch im Bundesangestelltentarifvertrag keine Regelung, die einer direkte Zusammenarbeit entgegensteht. Insoweit sollten sich keine Probleme ergeben, wenn ein Arzt oder ein Krankenpfleger mit der als Krankenschwester tätigen Ehefrau auf einer Station arbeitet oder beide Lehrer an der gleichen Schule sind.
Welche Nachteile könnten aus der gleichen Firmenzugehörigkeit resultieren?
Ja, Paare lernen sich wie erwähnt gern im gleichen Unternehmen kennen – mindestens ein Partner möchte aber irgendwann weiterziehen. Ein Gefühl der Kontrolle, ein Ausgehen der Themen am Abendbrottisch und Tuscheleien unter den Kollegen sind nur einige der möglichen Gründe dafür. Welche gibt es außerdem?
Risiko der Vorteilsnahme
Schwierigkeiten ergeben sich oft daraus, dass private Konflikte am Arbeitsplatz ausgetragen werden und umgekehrt Konflikte am Arbeitsplatz in die Privatsphäre hineinreichen. Insoweit ist es verständlich, wenn Unternehmen bisweilen Wert darauflegen, dass Paare nicht am gleichen Arbeitsplatz tätig sind und keine Abhängigkeitsverhältnisse entstehen. Es gilt das Risiko zu vermeiden, dass ein Ehepartner seine Position nutzt, um dem anderen im Unternehmen Vorteile zu verschaffen. Gehen diese auch noch zu Lasten von Kollegen, entsteht schnell eine missliebige Stimmung.
Berufliches sollte nach Feierabend tabu sein
Ein gravierendes Risiko für Ihre Beziehung kann sich daraus ergeben, dass Sie Ihre privaten und beruflichen Probleme miteinander vermengen und auch nach Feierabend berufliche Belange nicht vollständig ausklammern können. Vor allem, wenn ein Ehepartner das Bedürfnis hat, nach Dienstschluss den beruflichen Alltag hinter sich zu lassen und abzuschalten, riskiert der andere, dass Zerwürfnisse entstehen. Insoweit sollte die Devise lauten, dass Sie nach Feierabend alles Berufliche ausklammern und sich ausschließlich auf Ihr familiäres Leben konzentrieren. Trennen Sie Beruf und Partnerschaft soweit als möglich.
Vorsicht vor Konkurrenzdenken
Arbeiten Sie beim gleichen Arbeitgeber und möglicherweise auch noch im gleichen Beruf, könnte es sein, dass ein Partner erfolgreicher ist als der andere. Daraus könnte sich Neid und Eifersucht entwickeln. Schwierig wird es auch, wenn ein Partner glaubt, den anderen aufgrund besserer beruflicher Kenntnisse belehren und Empfehlungen geben zu müssen. Möchten Sie Konflikte vermeiden, empfiehlt sich, eine Position im Unternehmen zu bekleiden oder anzustreben, bei der der Kontakt zum Ehepartner keine Rolle spielt.
Ehepartner als Vorgesetzter
Ein gewisses Maß an Toleranz, Vertrauen und Wertschätzung ist gefordert, wenn ein Ehepartner Vorgesetzter des anderen ist. Wer Weisungen erteilt, muss darauf vertrauen dürfen, dass der andere akzeptiert, was vorgegeben wird. Wenn Sie also glauben, aufgrund Ihrer ehelichen Beziehung über eine Anweisung Ihres Ehepartners als Vorgesetzter debattieren zu müssen, provozieren Sie früher oder später Konflikte. Umgekehrt muss der Ehepartner als Vorgesetzter wissen, dass der andere in einer sozial schwächeren Position ist und braucht das nötige Feingefühl, um den anderen nicht herabzusetzen, zu provozieren oder zu bevormunden.
Doppelte Arbeitslosigkeit
In Zeiten wie diesen muss man mancherorts froh sein, einen Job zu haben. Arbeiten Sie in unterschiedlichen Firmen, ist es unwahrscheinlich, dass beide wegen einer Wirtschaftskrise schließen und Sie beide arbeitslos werden.
Alles in allem
Wenn Sie im gleichen Unternehmen arbeiten, sollten Sie jede Minute darauf achten, dass sich Ihre Interessen nicht zuwiderlaufen und der Ehepartner in erster Linie Kollege ist. Ist die Arbeit beendet, empfiehlt sich, den Feierabend des anderen zu respektieren. Übrigens: wenn der andere nach vielen Jahren im gleichen Haus einmal eine Luftveränderung braucht und Sie selbst aber bleiben wollen, sollten Sie das zugestehen. Neue Reize können belebend wirken, und sich vielleicht auch gehaltstechnisch auswirken.