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Eine Ehe über Landesgrenzen hinweg kann in Deutschland zu Problemen führen: Bi-nationale Ehepartner geraten in den Verdacht, nur eine Scheinehe zu führen. (Foto: © by Andreas Wolf - Fotolia.com)

Test gegen Scheinehen – bi-nationale Paare auf staatlichem Prüfstand

 
 

Welche Schuhgröße hat Ihr Partner? Wann haben Ihre Schwiegereltern Geburtstag? Welche Art von Bodenbelag hat Ihr Flur? Auf welcher Seite des Bettes schlafen Sie? Wann hat Ihr Partner seinen Schulabschluss gemacht? „Beziehungs-Schlüssigkeitsprüfung“ nennt sich das. Als bodenlose Frechheit bezeichnen es die, die sich diesen Fragen stellen müssen. 

Hier geht es nämlich nicht um einen Psychologie-Test aus einem Frauenmagazin, es geht um die Anerkennung der eigenen Heirat und den Kampf, eine binationale Ehe in Deutschland als rechtskräftig anerkennen zu lassen. Der Staat nehme sich das Recht heraus, ihre Liebe zu testen, unangenehme und sehr intime Fragen zu stellen und bei Nachforschungen Nachbarn und Bekannte mit dem Misstrauen anzustecken, klagen die Betroffenen. Die Fragen gingen zu weit und würden einzig und allein dem Zweck dienen, die Verdachtsmomente der Ausländerbehörde durch irrelevante Unstimmigkeiten scheinbar zu untermauern.

Für den Partner und nicht für das Visum

Zurzeit leben knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland in einer binationalen Ehe und somit laut Statistischem Bundesamt doppelt so viel wie noch vor 14 Jahren. Besonders die Türkei, die USA, Thailand und Marokko sind beliebte Herkunftsländer der von Deutschen gewählten Partner – und zudem keine Staaten der EU, was bei den Behörden scheinbar aus Prinzip die Alarmglocken schrillen lässt. Je nach Bundesland umfasst der Fragebogen für binationale Ehepaare um die 100 Fragen dieser Art, um mögliche Scheinehen aufzudecken. Die Verdächtigten empfinden das als Schlag ins Gesicht, denn ihrer Liebe wird unterstellt, in Wahrheit eine Straftat zu sein. 2010 waren es  laut Polizeilicher Kriminalstatistik 994 Verdachtsfälle auf Scheinehe in Deutschland und davon wurde im Schnitt nur jeder zehnte Antrag auf ein Visum abgelehnt. 

Eine Scheinehe besteht laut Bundesverwaltungsgericht, wenn ein Paar nur geheiratet hat, um dem ausländischen Partner ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, welches er sonst nicht bekommen hätte. Die Ausländerbehörde hat vor allem Paare im Visier, die im Ausland geheiratet haben, einen großen Altersunterschied aufweisen, sich „auffallend kurz“ kennen und keine gemeinsame Muttersprache haben. Da diese Schemata aber alles andere als klar definiert sind, sehen Behörden bei sehr vielen Paaren die Notwendigkeit einer Überprüfung – zumal oft eine Anschuldigung aus dem sozialen Umfeld reicht, um die Überprüfungsmaschinerie in Gang zu setzen.

Liebe auf verlorenem Posten?

Aber wie lässt sich Zuneigung eigentlich beweisen? Laut Fragebogen und Interview gebe das Auswendigkennen der Mailadresse, der Höhe der Telefonrechnung und der genauen Anschrift von Schwager und Schwägerin die nötige Auskunft über die Echtheit der Beziehung. Kennt der Partner beispielsweise die Nachbarn nicht beim Namen, wird es so ausgelegt, als teile man in keinster Weise den Alltag miteinander. Weiß man die Farbe der Zahnbürsten nicht, ist das für die Beamten oft Grund genug, die Echtheit der Beziehung anzuzweifeln.

Gibt es aber wiederum viele Übereinstimmungen, muss sich das Paar unter Umständen mit der Unterstellung konfrontiert sehen, man habe alles im Vorfeld abgesprochen und auswendig gelernt.

Das Thema „Beziehungs-Schlüssigkeitsprüfung“ bietet besonders viel Konfliktpotenzial, da Emotionen, Politik und Bürokratie aufeinanderstoßen. Auch Monika Düker, flüchtlingspolitische Grünen-Sprecherin im NRW-Landtag, findet, dass der Einsatz des Fragebogens unverhältnismäßig sei, da er die Leute unter Generalverdacht stelle.  Trotzdem ist er in den deutschen Ausländerbehörden und beim Auswärtigen Amt aktiv im Einsatz. Nicht selten treffen bi-nationale Paare nach einer solchen Tortur – und einer daraus resultierenden möglichen Ablehnung des Visums – die Entscheidung, in ein anderes, vielleicht liberaleres Land auszuwandern.