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Standesamtliche Trauung ohne Eltern und Trauzeugen

 
 

Heiraten Sie in der Gemeinde Rellingen, haben Sie derzeit schlechte Karten. Das Standesamt erlaubt es Eltern und Trauzeugen derzeit nicht, bei der Trauung des Brautpaares im Standesamt anwesend zu sein. Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 6.11.2020, Az. 3 B 132/20) hat es abgelehnt, die Gemeinde Rellingen zu verpflichten, die Teilnahme von Eltern und Trauzeugen zu ermöglichen. Rellingen gehört zum Kreis Pinneberg und grenzt direkt an Hamburg.

Warum keine Eltern, warum keine Trauzeugen?

Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein sah keinen Grund, die Entscheidung der Gemeinde, Eltern und Trauzeugen nicht zur Trauung zuzulassen, zu beanstanden. Es gehe um den Schutz vor der potenziell möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus. Die Entscheidung der Gemeinde sei vom Hausrecht der Gemeinde abgedeckt. Die Gemeinde habe das ihr insoweit zustehende weite Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

Die Gemeinde Rellingen hat darauf verwiesen, dass die örtlichen Standesbeamtinnen und Standesbeamten in Übereinstimmung mit dem Bürgermeister entschieden hätten, für die Trauung im Standesamt nur noch den für die Eheschließung „gesetzlich notwendigen Personenkreis“ zuzulassen. Dieser Personenkreis bestehe aus dem Brautpaar und dem Standesbeamten. Unterstützend wurde auf die entsprechende Empfehlung des Landesverbandes der Standesbeamtinnen und Standesbeamten vom 2.11.2020 verwiesen. Das Hausrecht der Gemeinde rechtfertige jedenfalls Maßnahmen, die die Sicherheit der Mitarbeiter und Besucher im Rathaus gewährleisten.

Die Gemeinde verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz, das die Ehe unter den besonderen Schutz des Staates stellt. Schließlich seien Eheschließungen auch in der Gemeinde Rellingen nach wie vor möglich. Da die Anwesenheit von Eltern und Trauzeugen aber nicht gesetzliche Voraussetzung für die Trauung sei, habe die Gemeinde das Recht, dem Ansteckungsrisiko mit dem Corona-Virus Rechnung zu tragen und andere Personen von der Trauung auszuschließen. Damit trage die Gemeinde insbesondere ihrer Fürsorgepflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit von Mitarbeitern und Besuchern Rechnung.

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass ein höherinstanzliches Gericht, sofern es denn angerufen wird, eine andere Entscheidung treffen würde. Angesichts des Kostenrisikos, das bereits jetzt mit der gerichtlichen Auseinandersetzung einhergeht, ist dem Brautpaar nicht unbedingt zu empfehlen, das Urteil anzufechten.

Was ist von der Entscheidung des Gerichts zu halten?

Die Entscheidung der Gemeinde und des Gerichts sind objektiv betrachtet einigermaßen nachvollziehbar. Auch wenn das betreffende Brautpaar und auch andere betroffene Brautpaare die Entscheidung mit großer Enttäuschung entgegennehmen dürften, ist das Risiko einer potenziell denkbaren Ansteckungsgefahr nicht von der Hand zu weisen und nicht mit dem Vorwurf einer allgemeinen Hysterie vor dem Virus zu verwerfen. Schließlich hat die Gemeinde ein Hausrecht und darf bestimmen, wem und unter welchen Voraussetzungen sie den Zutritt in das Rathaus erlaubt.

Dabei ist wichtig zu wissen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sich ausschließlich auf die Gemeinde Rellingen im Kreis Pinneberg bei Hamburg bezieht. Zwar kann das Urteil Signalwirkung auch für andere Gemeinden haben, schließt aber nicht aus, dass andere Gemeinden das ihnen zustehende Ermessen anders wahrnehmen. So ist es sicher denkbar, insbesondere Eltern oder Trauzeugen zur Trauung zuzulassen, wenn die dafür notwendigen Hygienebestimmungen eingehalten werden und die Teilnehmerzahl begrenzt wird.

Wie könnten Sie mit der Entscheidung umgehen?

Häme ist hier sicherlich fehl am Platz. Aber: Fühlen Sie sich betroffen, könnten Sie Ihre Trauung aufschieben und auf bessere Tage hoffen. Sie könnten aber auch trotzdem in der Gemeinde heiraten und den Standpunkt einnehmen, dass auch im Fall der Scheidung Dritte kein Anwesenheitsrecht im Gerichtssaal hätten und auch das Scheidungsverfahren ohne Eltern oder sonstige Zeugen stattfindet.

Sie könnten auch versuchen, sich in einer anderen Gemeinde trauen zu lassen. Da jede Gemeinde ihr Hausrecht offenbar eigenständig wahrnimmt und das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona-Virus eigenständig beurteilt, gibt es wohl auch Standesämter, die mehr Personen zulassen als die Gemeinde Rellingen im Kreis Pinneberg bei Hamburg. So erlaubt beispielsweise die Stadt Essen im Traubereich Rathaus Heisingen eine Personenzahl von 10 Personen und im Rathaus Kray sogar 18 Personen. In der Zeche Zollverein sind 14 Personen zugelassen.

Außerdem sollten Sie bedenken, dass Sie Ihre Hochzeit aktuell nicht in einem Restaurant feiern können, da die Restaurants geschlossen sind. Auch können Sie zu Hause nur einen begrenzten Personenkreis empfangen, da die privaten Kontakte auf ein Minimum reduziert sind. Ob Sie unter diesen Gegebenheiten wirklich heiraten wollen, bedarf einer sehr individuellen Antwort.

Alles in allem

Sie sollten vor Ort nachfragen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Personenzahl Ihre Trauung stattfinden kann. Insoweit besteht kein Anlass, zu glauben, Ihre Eheschließung stünde unter keinem guten Stern. Vielmehr sollten Sie die Situation als eine Herausforderung unserer Zeit verstehen und sich danach ausrichten. Schließlich werden Sie auch in der Ehe immer wieder vor Herausforderungen stehen, für die Sie kreative Lösungen finden müssen.