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Sinn und Unsinn einer Hochzeitsrücktrittskostenversicherung

 
 

Wir Deutsche scheinen uns gegen alle möglichen Lebensrisiken versichern zu wollen. Nur so lässt sich erklären, dass auch eine „Hochzeitsrücktrittskostenversicherung“ angeboten wird. Einigermaßen ernüchternd lässt sich feststellen, dass diese Option ein Schattendasein führt und als ziemlich exotisch daherkommt. Immerhin macht es richtig Spaß, die Versicherungsbedingungen zu studieren. Lassen Sie uns also den Sinn und Unsinn einer solchen Hochzeitsrücktrittskostenversicherung ins Auge fassen.

Ein Albtraum, wenn der Hochzeitstermin platzt

Wer Hochzeiten ernst nimmt, durchläuft eine lange Vorbereitungsphase. Braut oder Bräutigam sind entschlossen, sich auf das Wagnis der Ehe einzulassen, das Aufgebot ist bestellt, das Restaurant ist reserviert und die Hochzeitsgäste sind eingeladen. Dann ruft ein gewisser Hiob an und teilt mit, der Bräutigam habe sich beim Drachenfliegen das Bein gebrochen, liege im Krankenhaus und könne unmöglich am Trauungstermin zur Verfügung stehen. Da ohne den Bräutigam nichts läuft, wird nichts anderes übrigbleiben, als die Hochzeit abzusagen. Ein Albtraum. Doch genau für diesen Fall gibt es ja die Hochzeitsrücktrittskostenversicherung. Es stellt sich die Frage, ob eine Hochzeitsrücktrittskostenversicherung wirklich das leisten kann, was Sie als Hochzeiter davon erwarten.

Wichtig zu wissen

Bei der Versicherung geht es um die Absage der Hochzeitsfeier. Die Feier findet natürlich erst statt, wenn Sie standesamtlich geheiratet haben. Dann sind Sie ein Brautpaar und haben zivilrechtlich und rechtsverbindlich die Ehe geschlossen. Wird dann anschließend die Hochzeitsfeier storniert, ändert dies nichts daran, dass Sie rechtswirksam verheiratet sind. Und gegen die Ehe selbst hilft keine Versicherung.

Wann leistet eine Hochzeitsrücktrittskostenversicherung Ersatz?

Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich eine mögliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen. Bevor Sie sich für eine Versicherung entscheiden, sollten Sie sich über die individuellen Vertragsbedingungen des Versicherers informieren. Die Versicherung schützt Sie vor den finanziellen Folgen, falls Ihre Hochzeit ins Wasser fällt. Versicherte Personen sind das Brautpaar und jede Person, die sich finanziell an der Hochzeit beteiligt, also Angehörige wie die Eltern, Geschwister und Kinder. Auch die Trauzeugen unterliegen dem Schutz der Versicherung.

Der Versicherungsschutz umfasst neben den traditionellen Trauungen auch freie Trauungen oder Zeremonien und Hochzeitsfeiern verschiedener Religionen. Wichtig ist nur, dass der Feier eine rechtsgültige Eheschließung vorausgegangen ist.

Versicherungsschutz besteht insoweit, wenn die planmäßige Durchführung oder die planmäßige Beendigung der Hochzeitsfeier nicht zumutbar ist. Damit sind wir beim Kern des Angebots. Der Versicherer gesteht eine Unzumutbarkeit dann zu, wenn während der Dauer des Versicherungsschutzes u.a. eines der folgenden Ereignisse eintreten:

  • Tod oder
  • schwere Unfallverletzungen oder
  • unerwartete schwere Erkrankung der Braut, des Bräutigams, der Trauzeugen oder von wichtigen Angehörigen sowie
  • unerwarteter Ausfall eines implantierten Herzschrittmachers (z.B. beim Ja-Wort),
  • Schwangerschaft der Braut, sofern sie aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Feier teilnehmen kann (kein Versicherungsschutz besteht, wenn bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages von einer Risikoschwangerschaft auszugehen ist, ärztlich verordnete Bettruhe genügt, ansonsten kann die Versicherung auch noch bei Schwangerschaft abgeschlossen werden),
  • Schaden am Eigentum von Braut oder Bräutigam oder
  • Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund unerwarteter betriebsbedingter Kündigung sowie
  • Insolvenz des für die Feier beauftragten Dienstleisters.

Welchen Ersatz leistet die Versicherung?

Fällt die Hochzeitsfeier aus, erstattet die Versicherung folgende Kosten:

  • Reservierungsgebühren,
  • Anzahlungen oder
  • ein vertraglich vereinbarter Mindestverzehr im Restaurant,
  • Honorarzahlungen für den Fotografen oder Musikkapelle,
  • Anzahlungen für Blumenschmuck, Torte, Verkehrsmittel und anderes,
  • Druckkosten für Einladungen.

Die Gretchenfrage: Was ist, wenn sich das Brautpaar trennt?

Die wichtigste Frage dürfte aber sein, ob die unerwartete Trennung des Brautpaares versichert ist. Die Antwort versteht sich eigentlich von selbst. Die Trennung von Braut und Bräutigam, die bereits Eheleute sind, ist nicht versicherbar. Wollte der Versicherer für die Trennung Versicherungsschutz gewähren, könnten findige Brautleute auf die Idee kommen, sich „geschäftsmäßig“ zu verlieben, zu versichern, zu trennen und die Versicherungsleistung einzukassieren. Dass ein Versicherer dieses Risiko nicht tragen möchte, versteht sich. Auch wenn die Trennung vielleicht als ein „unerwartetes Ereignis“ daherkommt, ist dieser Umstand nicht mit dem Fall vergleichbar, dass Braut, Bräutigam oder Angehörigen wegen eines Unfalls oder eines ähnlichen Umstandes die Hochzeitsfeier verleidet wird.

Welche Leistungen sind nicht versicherbar?

Wie bei jeder anderen Versicherung auch, gibt es Einschränkungen. Es versteht sich, dass der Ausfall des Polterabends oder des Junggesellenabschieds keine versicherbaren Leistungen darstellen können.

Auch der Kostenaufwand für Trauringe und das Brautkleid, für die die Braut keine Verwendung mehr hat, unterliegt nicht dem Versicherungsschutz. Schließlich halten Sie einen gewissen Gegenwert in der Hand, den Sie an den Verkäufer gegen Kostenerstattung bestenfalls zurückgeben oder bei eBay zum Verkauf anbieten können. Auch wenn das frühzeitig erworbene Hochzeitskleid am Hochzeitstag (z.B. wegen einer fortschreitenden Schwangerschaft) nicht mehr passt, besteht kein Versicherungsschutz.

Auch dann, wenn Braut oder Bräutigam in buchstäblich allerletzter Sekunde auf die Frage des Standesbeamten das Ja-Wort verweigern, kann es keinen Versicherungsschutz geben.

Es scheint, als wollten manche der Versicherer auf Nummer sicher gehen. So besteht oftmals nach Maßgabe der allgemeinen Versicherungsbedingungen kein Versicherungsschutz, wenn „Chemiewaffen eingesetzt“ werden oder die Hochzeit „zwei Wochen nach Beginn eines Krieges oder Bürgerkrieges“ angesetzt ist.

Gut zu wissen

Haben Sie eine Reise in die Flitterwochen gebucht, sollten Sie eine Reiserücktrittskostenversicherung abschließen. Da es für Reisen spezielle Versicherungen gibt, dürfte die Hochzeitsrücktrittskostenversicherung nicht der richtige Versicherungstyp sein. Im Übrigen hat die Reise in die Flitterwochen nichts mit der Hochzeitsfeier als solcher zu tun.

Was ist in Zeiten von Corona?

In Zeiten von Corona lässt sich das Risiko, eine Hochzeitsfeier aus Gründen des Infektionsrisikos abzusagen, nicht versichern. Subjektive Empfindlichkeiten, auch wenn diese durch objektive Gegebenheiten begründet sind, sind schlecht versicherbar. Auch wenn das Gesundheitsamt aus Gründen des Infektionsschutzes bestimmte Veranstaltungen verbietet, besteht kein Versicherungsschutz. Selbst eine verhängte Quarantäne oder die Schließung eines Veranstaltungsortes sind kein versicherter Rücktrittsgrund. Diese Umstände sind und bleiben Ihr allgemeines Lebensrisiko.

Wann muss ich die Versicherung abgeschlossen haben?

Hier kommt es ganz auf die individuellen Vertragsbedingungen an. Bei einem Versicherer sind Sie etwa bereits ab dem ersten Tag des online-Abschlusses innerhalb von 23 Monaten versichert, wenn Sie die Hochzeitsversicherung online abschließen. Der Vertragsabschluss muss allerdings mindestens 30 Tage vor der Feier erfolgen. Die maximale Versicherungssumme kann zum Beispiel 25.000 EUR betragen. Es wird keine Selbstbeteiligung gefordert.

Gut zu wissen

Achten Sie auch darauf, ob sich der Versicherungsschutz auf zwei Hochzeitsfeiern bezieht. Platzt der erste Termin, besteht dann auch für den zweiten Termin Versicherungsschutz, falls auch dieser Folgetermin ins Wasser fällt.

Platzt die Verlobung, besteht Rechtsschutz

Gehen wir zeitlich noch einen Schritt zurück. Tritt ein Verlobter vom Verlöbnis zurück, hat er oder sie dem Partner und dessen Eltern den Schaden zu ersetzen, wenn diese in Erwartung der Ehe Aufwendungen getätigt haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind (§ 1298 BGB).

Die Schadensersatzpflicht besteht nur dann nicht, wenn der Rücktritt vom Verlöbnis auf einem wichtigen Grund beruht. Der typischste aller Gründe dürfte die voreheliche Untreue des Partners oder der Partnerin sein. Wer hingegen nur kalte Füße bekommt, liefert kaum einen wichtigen Grund, das Versprechen, die Ehe eingehen zu wollen, schadlos aufzulösen.

Fazit

Wenn Sie heiraten, sind Sie sich Ihrer Sache wahrscheinlich sicher. Sie sollten dann auch bereit sein, das allgemeine Lebensrisiko einzugehen, dass der vermeintlich schönste Tag aller Tage nicht stattfindet. Ob Sie dafür wirklich einen Versicherungsschutz benötigen, entscheiden Sie allein mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner. Maßstab sollte sein, was Sie in Ihrer persönlichen Situation als ein Lebensrisiko empfinden, für das Sie sich ernsthaft versichern wollen.

Auf jeden Fall sollten Sie vor Abschluss einer derartigen Versicherung das berühmte Kleingedruckte in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen im Detail studieren. Nur so vermeiden Sie vielleicht eine noch größere Enttäuschung und können Ihre Entscheidung über Sinn oder Unsinn einer Hochzeitsrücktrittskostenversicherung angemessen vertreten. Sind Sie im Zweifel, sprechen Sie den Versicherer am besten an und lassen sich ein maßgeschneidertes Angebot erstellen.

Wir wünschen eine glücklich verlaufende Hochzeitsfeier.