Artikel-Bild

Lebensversicherung trotz Wiederheirat an früheren Partner ausgezahlt

 
 

Schließen Sie eine Lebensversicherung ab, können Sie im Versicherungsantrag bestimmen, an welche Person die Versicherungssumme für den Fall Ihres Ablebens ausgezahlt werden soll. Meist wird der überlebende Ehepartner als bezugsberechtigte Person bestimmt. Wird Ihre Ehe geschieden, bleibt Ihr Ex-Partner weiterhin bezugsberechtigt, sofern Sie das Bezugsrecht nicht widerrufen haben. Heiraten Sie dann erneut, riskieren Sie, dass die Versicherungssumme im Fall Ihres Ablebens nach wie vor an Ihren Ex-Partner ausgezahlt wird. Werden Sie geschieden, sollten Sie also prüfen, wen Sie fortan mit Ihrer Lebensversicherung begünstigen wollen. Möglicherweise zählt jeder Tag.

Was bedeutet, jemand hat das Bezugsrecht?

Das Bezugsrecht bestimmt, wer Anspruch darauf hat, die Versicherungssumme ausgezahlt zu bekommen. Schließen Sie den Versicherungsvertrag ab, werden Sie ausdrücklich gefragt, wen Sie für den Fall Ihres Ablebens begünstigen wollen. Sie bestimmen das sogenannte Bezugsrecht.

  • Sind Sie unsicher, wen Sie bestimmt haben, sollten Sie in Ihrer Versicherungspolice nachsehen, welche Person dort als bezugsberechtigte Person benannt ist:
  • Soweit die Lebensversicherung den Ehepartner absichern soll, ist meist der überlebende Ehepartner als bezugsberechtigte Person angegeben.
  • Ist überhaupt niemand angegeben, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass und steht den Erben (meist Ehepartner und Kinder) zu.
  • Werden Sie geschieden und heiraten erneut, kommt es darauf an, ob und wen Sie in der Lebensversicherung als bezugsberechtigte Person benannt haben.

Gut zu wissen: Auch Bank kann bezugsberechtigt sein

Haben Sie den Versicherungsvertrag abgeschlossen, um ein Bankdarlehen abzusichern, kann es sein, dass die Bank bezugsberechtigt ist. Sterben Sie, wird das Bankdarlehen in Höhe der zur Auszahlung kommenden Versicherungssumme getilgt.

Ist immer der Ehepartner bezugsberechtigte Person?

Vermeiden Sie, als bezugsberechtigte Person pauschal den „Ehepartner“ anzugeben. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass mit Ehepartner keinesfalls der Ehepartner gemeint ist, mit dem der Versicherungsnehmer zum Eintritt des Versicherungsfalls verheiratet ist. Für die Auslegung des Bezugsrechts komme es vielmehr auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung und damit auf den Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses an (BGH Urteil vom 8.5.2019, Az. IV ZR 190/18). Möchten Sie dieses Risiko vermeiden, kann sich folgende Bezeichnung empfehlen:

„Bezugsberechtigt ist der Ehepartner, mit dem der Versicherungsnehmer zum Eintritt des Versicherungsfalls in gültiger Ehe verheiratet ist.“

Ansonsten empfiehlt sich, die bezugsberechtigte Person im Versicherungsantrag möglichst genau zu bezeichnen mit

  • Vornamen,
  • Familiennamen,
  • Geburtsdatum
  • und Adresse

Nur so ist gewährleistet, dass diese Person im Fall des Falles zuverlässig identifiziert werden kann und Streitigkeiten mit den Erben vorgebeugt wird.

Wer erhält die Lebensversicherungssumme, wenn Sie nach der Scheidung wieder heiraten?

Werden Sie geschieden, bleibt der Ex-Partner so lange bezugsberechtigt, bis Sie das Bezugsrecht gegenüber der Versicherungsgesellschaft widerrufen. Haben Sie den Widerruf nicht erklärt, bleibt der Ex-Partner auch nach und trotz der Scheidung bezugsberechtigt. Das Bezugsrecht besteht unabhängig davon, ob Sie sich im Einvernehmen haben scheiden lassen oder streitig auseinander auseinandergegangen sind.

Heiraten Sie dann erneut, ohne den neuen Ehepartner als bezugsberechtigte Person zu bestimmen, geht der überlebende neue Ehepartner nach Ihrem Ableben leer aus. Der neue Ehepartner hätte keinen Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft auf Auszahlung der Versicherungssumme.

Ihr neuer Ehepartner kann die Versicherungssumme auch nicht als Erbe beanspruchen. Die Versicherungssumme fällt nämlich nicht in den Nachlass. Maßgebend ist allein das in der Versicherungspolice benannte Bezugsrecht. Erbrecht und Bezugsrecht fallen insoweit auseinander.

Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte genannt

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 3.11.2021, Az. 7 U 74/20) hat in einer Entscheidung anschaulich dargestellt, was passiert, wenn das Bezugsrecht nicht oder nicht rechtzeitig widerrufen und neu bestimmt wird. Im Fall hatte der verstorbene Versicherungsnehmer einer Risikolebensversicherung seine ursprüngliche Lebensgefährtin als bezugsberechtigte Person bestimmt. Danach trennte sich das Paar. Der Versicherungsnehmer heiratete seine neue Partnerin.

Als er verstarb, verlangte die neue Ehefrau als Alleinerbin die Auszahlung der Versicherungssumme. Die Versicherungsgesellschaft lehnte die Auszahlung unter Verweis auf das Bezugsrecht der ursprünglichen Lebensgefährtin ab. Die Witwe ging leer aus. Sie konnte nicht beweisen, dass ihr Mann den Vertrag zu ihren Gunsten hätte ändern wollen.

Das Gericht stellte klar, dass das Bezugsrecht mit dem Tod des Versicherungsnehmers endgültig, unwiderruflich und unmittelbar der Lebensgefährtin zustehe. Sie sei in der Versicherungspolice zweifelsfrei als bezugsberechtigte Person benannt. Ein Bezugsrecht der neuen Ehefrau lasse sich daher nicht begründen. Die Bezugsrechtsklausel sei auch nicht auslegungsfähig dahingehend, dass der Versicherungsnehmer stets die aktuelle Lebensgefährtin oder Ehefrau als bezugsberechtigte Person hätte bestimmen wollen (siehe dazu BGH-Urteil oben).

Absichtsbekundung gegenüber Versicherungsmakler nicht ausreichend für Versicherung

Im Fall kam hinzu, dass der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsmakler über die Trennung von seiner Lebensgefährtin informiert und beauftragt hatte, die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufswert auf sein Konto auszuzahlen.

Der Versicherungsmakler verwies darauf, dass der Versicherungsnehmer eine vorbereitete Bezugsrechtänderung zwar unterschrieben habe, er es aber dem Versicherungsnehmer überlassen habe, das Schreiben selbst zur Post zu geben. Offensichtlich war es so, dass der Versicherungsnehmer es dann versäumt hatte, den Brief an die Versicherungsgesellschaft zu versenden.

Das Gericht wies darauf hin, dass die erforderliche Information der Versicherungsgesellschaft nicht bereits mit der Kenntnisnahme des Änderungsverlangens beim Versicherungsmakler bewirkt werde. Ein Versicherungsmakler sei ausschließlich im Auftrag des Versicherungsnehmers tätig, so dass es der Versicherungsgesellschaft nicht zuzurechnen sei, wenn allein der Versicherungsmakler informiert ist (§ 59 Abs. III VVG).

Expertentipp: Lieber keine neue Bezugsberechtigte als die falsche

Die Entscheidung des OLG Frankfurt verdeutlicht, dass Eile geboten ist, wenn Sie sich von Ihrem Partner trennen. Dann empfiehlt es sich, auch das Bezugsrecht in Ihrer Lebensversicherung zumindest zu widerrufen. Sie brauchen nicht unbedingt und sofort eine neue bezugsberechtigte Person zu bestimmen. Bestimmen Sie keine bezugsberechtigte Person, steht das Bezugsrecht Ihnen selbst zu. Sie erhalten die Versicherungssumme ausgezahlt, wenn Sie den Versicherungsablauf erleben. Versterben Sie vorher, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass, mit der Konsequenz, dass Ihre gesetzlichen oder testamentarisch bestimmten Erben Anspruch darauf haben, die Versicherungssumme ausgezahlt zu bekommen.

Widerrufliches vs. unwiderrufliches Bezugsrecht

Im Regelfall wird das Bezugsrecht widerruflich erklärt. Sie haben damit das Recht, das Bezugsrecht jederzeit und ohne Angabe irgendwelcher Gründe zu widerrufen. Die Änderung sollte und muss schriftlich erfolgen und gegenüber der Versicherungsgesellschaft abgegeben werden. Achten Sie darauf, dass die Versicherungsgesellschaft Ihren Änderungswunsch schriftlich bestätigt. Meist wird eine neue Versicherungspolice übersandt.

Es kann aber auch sein, dass Sie das Bezugsrecht unwiderruflich erklärt haben. Das unwiderrufliche Bezugsrecht begründet einen sofortigen Rechtserwerb der bezugsberechtigten Person. Ob dies der Fall ist, entnehmen Sie der Versicherungspolice. In diesem Fall können Sie das Bezugsrecht des Ex-Partners nicht einseitig widerrufen. Möchten Sie widerrufen, sind Sie auf die Zustimmung des Ex-Partners angewiesen. Erleben Sie den Versicherungsfall oder kündigen Sie vorzeitig eine Kapitallebensversicherung, begründet das bestehende Bezugsrecht keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme. In diesem Fall haben Sie allein Anspruch auf die Versicherungssumme.

Expertentipp: Bei fehlender Zustimmung zum Widerruf Prämie einstellen

Sollte der Ex-Partner Ihrem Wunsch nach dem Widerruf nicht zustimmen, bleibt die Option, die Zahlung der Versicherungsprämie einzustellen. Dann wird die Versicherung zwar beitragsfrei fortgeführt, Sie reduzieren aber zumindest die Höhe der zur Auszahlung kommenden Versicherungssumme.

Kann Ihre Witwe oder der Witwer das Bezugsrecht widerrufen?

Sterben Sie, kann Ihr überlebender Ehepartner als Erbe (ggf. in Übereinstimmung mit ihren erbrechtlichen Kindern) das Bezugsrecht der bezugsberechtigten Person (z.B. früherer Lebensgefährte oder Ehepartner) zwar nicht mehr widerrufen. Dennoch können die Erben die Auszahlung der Versicherungssumme an die bezugsberechtigte Person verhindern.

„Angebot einer Schenkung“ – angenommen oder nicht?

Grund ist, dass es sich bei der Versicherungssumme um das „Angebot einer Schenkung“ handelt. Die Schenkung wird dadurch erfüllt, dass der Versicherer die Versicherungssumme an die bezugsberechtigte Person auszahlt. Widerrufen die Erben das Angebot der Schenkung vor der Auszahlung, kann die bezugsberechtigte Person nicht mehr die Auszahlung verlangen. Dann haben die Erben Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme. Haben die Erben keine genaue Kenntnis vom Inhalt der Versicherungspolice, können Sie Auskunft von der Versicherung fordern (OLG Hamm, oder von 23.11.2018, Az. 20 U 72/18).

Oft beginnt damit ein Wettlauf. Die Gerichte müssen immer wieder entscheiden, wer den Wettlauf um die Bezugsberechtigung gewonnen hat und wer zu spät gekommen ist. Meist ist unklar, ob das Schenkungsangebot angenommen wurde. Ein diesbezüglich geführtes Telefonat mit dem Versicherer begründet noch keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung.

Witwe/r muss sofort handeln

Will der Bezugsberechtigte dieses Szenario verhindern, muss er/sie sofort handeln und den Versicherer kontaktieren und mitteilen, dass er/sie das Angebot annimmt und die Auszahlung auf ein zu benennendes Konto einfordern. Zahlt der Versicherer das Geld dann tatsächlich aus, obwohl die Erben das Angebot der Schenkung widerrufen haben, muss der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme an die Erben oder die Erbengemeinschaft herausgeben. Wurde rechtzeitig widerrufen, muss der Versicherer die Versicherungsleistung hingegen an die Erben auszahlen. Ist die Rechtslage unübersichtlich, kann der Versicherer den Betrag bei Gericht hinterlegen und abwarten, wem die Summe letztlich zusteht.

Was ist ein geteiltes Bezugsrecht?

Sie brauchen das Bezugsrecht aus der Lebensversicherung nicht auf sämtliche Leistungen aus der Versicherung zu beziehen. Das Bezugsrecht kann auch mehreren Personen ganz oder teilweise eingeräumt werden. Sie könnten also Ihre Ehefrau und Ihre Kinder zu gleichen oder zu unterschiedlichen Teilen als bezugsberechtigte Personen bestimmen. Erleben Sie den Versicherungsfall, steht das Bezugsrecht Ihnen selbst zu. Sie können die Bezugsrechte jederzeit widerrufen und neue Bezugsrechte begründen oder überhaupt keine bezugsberechtigte Person bestimmen.

Alles in allem

Geht es um die Bezugsrechte, insbesondere bei einer Kapitallebensversicherung mit Rückkaufswert, sollten Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung zeitnah entscheiden, ob Sie das Bezugsrecht beibehalten oder den Gegebenheiten anpassen. Jeder Zeitverzug begründet das Risiko, dass die Versicherungssumme an eine Person ausbezahlt wird, die Sie nicht mehr begünstigen möchten. Zugleich riskieren Sie, dass die Person, die Ihnen aktuell besonders nahe steht, leer ausgeht.