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Die jüdische Trauung

 
 

Die Liebe zwischen Mann und Frau gilt im Judentum als die natürlichste, absoluteste Liebe, die es heute gibt. Eine jüdische Hochzeit ist sehr traditionell, dauert eine ganze Woche und wird „Schewa Brachot Woche“ genannt. 

Die Hochzeit wird in orthodoxen Kreisen besonders gern auf einen Dienstag gelegt, da in der Bibel über den dritten Schöpfungstag die Worte „ki tow“ (Und Gott sah, dass es gut war!) wiederholt werden.

Am Tag der Hochzeit passiert dann folgendes: der Bräutigam (Chatan) geht, begleitet von Freunden und Familie, auf die Braut (Kalla) zu, die auf einem für sie geschmückten Thron sitzt. Er beugt sich über seine Braut und bedeckt ihr Gesicht mit einem Schleier, der symbolisiert, dass seine Liebe für sie nicht von ihrem Äußeren abhängt.

Um sich vor Ehe-Turbulenzen zu schützen umkreist die Braut siebenmal ihren zukünftigen Mann: So baut sie symbolisch eine Mauer, die beide schützen soll. Dann stellt sie sich auf seine rechte Seite. Das bedeutet, dass sie immer an seiner Seite sein wird, um ihm zu helfen. Im Psalm 45 heißt es:

„Eine Königin soll an deiner rechten Seite stehen.“

Anschließend spricht der Zeremonienleiter (Mesader Kidduschin) die ersten Segenssprüche über einem Becher Wein, der Freude und Heiligkeit symbolisiert.

Ehering ist nicht gleich Ehering

Beim ersten Teil der offiziellen Zeremonie (Kidduschin) nimmt der Zeremonienleiter den Ring aus der Hand des Bräutigams und zeigt ihn den beiden Zeugen, welche die Gültigkeit überprüfen. Wichtig ist, dass der Ring mit Geld gekauft wurde, das dem Bräutigam gehörte, sonst ist die Hochzeit nicht gültig.
Nun gibt er ihn dem Bräutigam, der den Ring über den rechten Zeigefinger seiner Kalla steckt und dabei auf Jüdisch spricht:

„Nun bist du mir mit diesem Ring angeheiligt nach dem Gesetz von Mosche und Israel“.

Durch diesen Akt sind beide nun miteinander verheiratet. Und natürlich hat auch die Wahl des rechten Fingers eine Bedeutung: Er steht für Liebe und Güte.
Der Ring selbst symbolisiert mehreres: zum Einen ist er ein Kreis, der keinen Anfang und kein Ende kennt und damit für das Leben selbst steht. Zum Anderen steht er für den Schutz, den der Bräutigam seiner angehenden Frau von nun an geben will – so wie der Ring ihren Finger umschließt, so will er das auch für sie tun. Es bildet das Gegenstück zu den sieben Runden, in denen sie ihn umkreist hat.

Anschließend verliest der Rabbiner die „Ketuba“, den Ehevertrag. Damit beginnt die Nesu’in-Zeremonie, die dem Paar erlaubt, zusammenzuleben.
Zentraler Punkt der Nesu’in sind die „Schewa Brachot“ (7 Segnungen), die über einen Becher Wein gesprochen werden. Die 7 Segnungen handeln:

1. über die Frucht des Weines

Wein gilt als Metapher für eine Ehe, in der zwei Seelenverwandte damit einverstanden sind, den jeweiligen Partner bedingungslos zu akzeptieren.
Zudem erfreut der Wein das Herz. Aber um dieses Herz erfreuende Getränk herzustellen, muss man eine Traube zerquetschen. Die Hochzeit ist voll von solch „quetschenden“ Momenten, welche das Paar gemeinsam meistern muss, um zu neuen Phasen des Glücks zu gelangen.

2. über den Zweck

Hier erklärt das Paar, dass ihre Hochzeit einem höheren Zweck dient als der Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse und Begierden. In der Segnung heißt es: „Alles wurde um Seiner Herrlichkeit Willen erschaffen.“ Damit ist die Errichtung des jüdischen Heims als Ort für die persönlichen Ambitionen, Hobbies und Prioritäten gemeint.

3. über den Mann

Dieser Segen dankt Gott für die Erschaffung des Mannes – Adam. Und dass Er Eva erschaffen hat und folglich für die Erlaubnis, zu heiraten.

4. über die Frau

Dieser Segen steht für die Dynamik der Ehe, die durch die Zusammenkunft von zwei Menschen mit verschiedenen Temperamenten, Eigenarten und Psychen entsteht.  

5. über Jerusalem

Bei diesem Segen wird die Erinnerung an Jerusalem, das sich an der Wiedereinkunft ihrer Kinder erfreut, angesprochen.

6. über die reiche Freude

Die jüdische Hochzeit wird durch die Teilnahme aller Anwesenden als historischer und bedeutender Moment belegt. Alle tanzen und haben Spaß.

7. über die Vollendung und mehr

Dieser Segen ist charakterisiert durch die beiden Nummern 5 und 10. Die Zahl 5 repräsentiert den göttlichen Kern, der die Schöpfung durchzieht. Die Zahl 10 ist eine vollkommene Zahl, die zurück auf die Tora geht, deren Essenz sich in den Zehn Geboten befindet.

Ach ja! Zum Schluss zertritt der Bräutigam ein Weinglas. Alle rufen: „Masel tov!“. Das heißt: „Viel Glück!

Hochzeit ist der Moment, in dem die Seelen des Ehepaares Vollendung erfahren. Das Judentum sieht eine Scheidung nicht gerne. Nach dem Talmud gilt die Ehe als Heiliger Vertrag, dessen Auflösung ein unfrommer Akt ist.