Die Ehe im Hinduismus

 
 

Hinduismus verbindet man in erster Linie mit Indien. Hinduistische Hochzeiten waren (und sind es noch immer) Allianzen zwischen Familien. Trotz moderner Einflüsse ist das Zusammengehörigkeitsgefühl immer noch stark und hat Vorrang vor allen individuellen Wünschen.

Die meisten Hindus leben in Indien, dort sind es etwa 80 % der gesamten Bevölkerung. Auch in Nepal, Sri Lanka und Bangladesch ist der Hinduismus weit verbreitet. Einen guten Einblick in hinduistisches Eheverständnis erlaubt die sog. Handnehmen-Zeremonie (Paani Graham), die in Indien praktiziert wird. Dabei nimmt der Mann die rechte Hand der Frau in seine Hände und spricht folgende Worte:

„Ich nehme deine Hand, mögen wir glücklich sein. Mögest du mit mir, deinem Mann, lange leben. Die Götter haben dich mir gegeben, damit du mein Haus regierst. Du bist die Königin meines Hauses. Ich bin Samaveda, du bist Rigveda. Ich bin Himmel, du die Erde. Komm lass uns heiraten!“

Dann:

„Ich nehme dein Herz in meines. Mögen unsere Gedanken eins sein! Möge Gott uns vereinen!“

Meistens nimmt der Mann nach drei Tagen seine Frau mit in sein Haus, wo sie die Bewohnerinnen mit Butterlampen, Räucherstäbchen und Blumen segnend empfangen. Oft gibt es hier noch einmal ein großes Hochzeitsfest. Die Frauen bereiten dem jungen Paar einen romantischen Ehebeginn, indem sie das Brautbett über und über mit Blumen schmücken.

Früher & Heute

Hört sich romantisch an, aber ist es das auch? Die Ehe wird in den klassischen Rechtstexten des Hinduismus (Dharmasastra) als heiliges Sakrament (Samskara) definiert. Das Band zwischen Ehemann und Ehefrau wird als Gesetz der Natur aufgefasst und beide werden vor dem Gesetz als eine Person betrachtet. Die formelle Übergabe der Braut durch den Vater (Sanskrit, Kanyadan, wörtl.: „Mädchengabe“) und das siebenmalige Umringen des heiligen Feuers durch Bräutigam und Braut (Saptapadi) haben essentielle Bedeutung für hinduistische Heiraten.

Ziel der Eheschließung ist vor allem die unerlässliche Beteiligung der Ehefrau an den Hausriten und die Geburt von Söhnen, die nicht nur den Fortbestand der Familie in materieller Hinsicht aufgrund des (ungeteilten) Familien-Vermögens sichern, sondern sie werden auch als ein Weg angesehen, Unsterblichkeit zu erlangen.

Inzwischen suchen sich immer mehr junge Hindus ihren Partner selber aus. Der Special Marriage Act, der 1954 neu erlassen wurde, ermöglicht die Zivilehe für alle Inder, unabhängig von der Konfession. Er bietet u. a. die rechtliche Grundlage für interkonfessionelle Eheschließungen. Die Heirat wird bei einem „Marriage Officer“ des jeweiligen Distrikts registriert und erfordert kein religiöses Ritual.

Kinderheirat und der „Dowry“ (Mitgift), mit dem der Ehemann praktisch gekauft wird, mag es zwar gegeben haben, beides ist aber mittlerweile verboten. Der „The Dowry Prohibition Act“ von 1961 verbietet das Zahlen einer Mitgift. Geschenke an die Braut zur Hochzeit sind jedoch ausdrücklich zugelassen.

Homosexuelle im Hinduismus

In Indien, dem Hauptland des Hinduismus, stellte das indische Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1861 in der Section 377 „sexuelle Handlungen wider die Natur“ unter Strafe.

Am 2. Juli 2009 hat der High Court in Delhi in einem aufsehenerregenden Urteil entschieden, dass Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen Homosexuellen keinen kriminellen Akt mehr darstellt. Das Gericht erklärte in seinem Urteilsspruch, dass der Paragraf 377 des indischen Strafgesetzbuches, der Beziehungen zwischen Gleichgeschlechtlichen als „unnatürlich“ und als Straftat bezeichnet, diskriminierend sei und dem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz widerspreche.

Wieder anders sieht es bei den Hijras aus - Menschen ohne eindeutige Geschlechtsidentität, zum Beispiel Transsexuelle, werden als Vermittler zwischen Göttern und Menschen angesehen. Sie stehen außerhalb der Kasten und genießen einen besonderen Status.

Die Scheidung

Im Gesetzbuch des Manus, der ein wichtiger Gesetzgeber bzw. Stammvater der Menschen für die Hindus ist, heißt es in der Manusmriti  V. 161:

„Eine Frau, die aus Sehnsucht nach Nachkommen, ihre Pflichten gegenüber ihrem Gatten verletzt, bringt über sich selbst Ungnade in diese Welt und verliert ihren Platz neben ihrem Gatten.“

Eine Scheidung ist daher äußerst verpönt. Auch die Wiederverheiratung von Witwen ist nicht erwünscht.  In der Manusmriti V. 160 bedeutet der Verzicht auf Zweisamkeit & Sex ewiges Glück:

„Eine tugenhafte Frau, die nach dem Tod ihres Gatten keusch bleibt, erreicht den Himmel, auch wenn sie keinen Sohn hat, wie jene Keuschen Männer“.