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Befristete Ehe mit Verfallsdatum eingehen?

 
 

Genug ist genug. Andere können nicht genug davon bekommen. Ja genau, wir sprechen über die Ehe. Gäbe es die Ehe mit Verfallsdatum, würde sich manche Scheidung sicherlich erübrigen. Wie beim befristeten Arbeitsvertrag endet das eheliche Verhältnis mit Ablauf der vereinbarten Frist. Welche Vorteile hat es, eine Ehe befristet mit Verfallsdatum einzugehen? Oder sollten Sie doch besser Altbewährtes bewahren?

Wie war das: Bis der Tod euch scheidet?

Vielleicht ist es schon paar Jahre her. Aber es gab den Tag, an dem Sie feierlich Auge in Auge mit Ihrem werdenden Ehepartner erklärt haben, dass Sie sich ewige Treue schwören, eine eheliche Lebensgemeinschaft begründen, für einander Verantwortung tragen und Ihr Leben so lange miteinander gestalten wollen, bis der Tod Sie scheidet. Eine befristete Ehe mit Verfallsdatum wäre mit diesen Zielen wohl kaum zu vereinbaren gewesen. Eine Ehe ist schließlich kein Konsumartikel, den Sie heute erwerben, aufbrauchen und morgen entsorgen.

Sind Verträge denn nicht immer kündbar?

Verträge unterliegen normalerweise einer Kündigungsfrist. Auch wenn Sie Ihr Arbeitsverhältnis unbefristet eingehen, ist es dennoch kündbar. Und befristete Arbeitsverhältnisse scheinen heute eher die Regel, als die Ausnahme zu werden. Insofern könnte der Gedanke naheliegend sein, auch eine Ehe als ein befristetes Vertragsverhältnis zu betrachten. Dennoch sind die Unterschiede gewaltig.

Immerhin läuft die Scheidung einer Ehe darauf hinaus, dass eine Ehe als kündbar betrachtet wird. Allerdings ist dieser Ansatz nur richtig, soweit man die Ehe zum Zeitpunkt der Scheidung betrachtet. Stellt man auf den Zeitpunkt der Eheschließung ab, gibt es keinen überzeugenden Grund, eine Ehe als ein befristetes Vertragsverhältnis betrachten zu wollen. Mit einer Ehe verfolgen die Ehepartner die gleichen Ziele.

Bei anderen Vertragsverhältnissen, wie Mietvertrag oder Arbeitsvertrag, stehen sich zwei Parteien gegenüber, die zwar auch gleiche Ziele verfolgen, dennoch aber auf verschiedenen Seiten des Vertragsverhältnisses stehen. Ihr Interessengegensatz erfordert es, die Rechte und Pflichten vertraglich festzuschreiben. Bei der Ehe stehen beide Ehepartner eigentlich auf der gleichen Seite. Auf der anderen Seite stehen das Leben und das Schicksal, das die Ehepartner gemeinsam bewältigen wollen.

Vielleicht hat auch die Liebe ein Verfallsdatum?

Jede gute Beziehung beruht auf Zuneigung. Ohne Zuneigung hat die Beziehung nicht unbedingt eine Zukunft. Was wäre das schließlich für eine Beziehung, die ohne Zuneigung begründet wird. Und eine Scheinehe, die Sie mit der Absicht schließen, gerade keine Lebensgemeinschaft einzugehen, werden Sie kaum begründen wollen.

Aber auch wenn sich die Liebe im Laufe der Jahre abgenutzt hat, kann eine Ehe immer noch so bestandskräftig sein, dass sie den Lauf der Zeit übersteht. Gute Ehen zeichnen sich mithin dadurch aus, dass die Ehepartner ihr Leben als Schicksalsgemeinschaft verstehen, in der sie in einem ständigen Auf und Ab, in einem fortlaufenden Vorwärts und Rückwärts, miteinander verbunden waren. Alle Erinnerungen an dieses Leben bilden ein solides Fundament, auf dem sich Ehepartner in gegenseitiger Achtung und Zuneigung verbunden sind, auch wenn vielleicht die ursprüngliche lodernde Liebe erloschen sein mag. Auch vieles von dem, was man sich gemeinsam angeschafft, angespart und aufgebaut hat, ist Teil dieses Fundaments. Sind aus der Ehe Kinder hervorgegangen, bilden diese ein Band, das die Ehepartner auf Lebenszeit miteinander verbindet und sich durch nichts mehr auflösen lässt.

Was tun Sie nach Ablauf des Verfallsdatums?

Wäre Ihre Ehe befristet und löst sich mit dem Fristende automatisch auf, stünden Sie vor der Entscheidung, Ihren Partner nochmals heiraten oder außerehelich miteinander leben zu müssen. Vielleicht könnte der Gesetzgeber auch eine Verlängerungsoption gewähren. Sie bräuchten sich dann gegenseitig nur zu erklären, die Ehe fortsetzen zu wollen, ohne dass Sie formal die Eheschließung nochmals vollziehen müssten. Überlegen Sie, ob Sie den Partner tatsächlich der Versuchung aussetzen wollen, sich eventuell, vielleicht auch nur aus einer Laune heraus, gegen die Fortsetzung der Ehe zu entscheiden. Würden Sie den Partner oder die Partnerin tatsächlich erneut ehelichen, könnten Sie sich vielleicht der mit der Eheschließung und Trauungszeremonie verbundenen Kosten nicht entziehen. Aufgebot, Hochzeitsessen und Hochzeitsreise stünden wieder ganz oben auf der Prioritätenliste.

Schafft eine befristete Ehe Probleme?

Man könnte das Kirchenrecht der katholischen Kirche bemühen, um eine Ehe als eine lebenslange Institution göttlichen Ursprung, als Sakrament, als Heilzeichen und als eine unauflösbare Verbindung zweier Menschen zu verstehen. Der Ansatz ist ja nicht ganz verkehrt. Dennoch erkennt auch das katholische Kirchenrecht an, dass Ehen im Ausnahmefall geschieden werden können und es wenig Sinn macht, eine gescheiterte Ehe künstlich am Leben zu erhalten.

Klar, die Formen menschlichen Zusammenlebens werden immer vielfältiger. Von daher könnte man den Gedanken, eine Ehe befristet einzugehen, durchaus als eine moderne Form einer Lebensgemeinschaft verstehen. Die Frage ist nur, welchen Zweck würden Sie damit verfolgen wollen?

Ehen werden aus guten Gründen von vornherein auf Dauer geschlossen. Ob sie dann wirklich Bestand haben, ist eine andere Frage. Wollten Sie Ihre Ehe befristen und mit einem Verfallsdatum versehen, wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet. Eine Ehe versteht sich als Lebens-, aber auch als Schicksalsgemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft lässt sich nur leben, wenn sie in der Perspektive auf Dauer angelegt ist. Wäre die Ehe befristet, gäbe es diese Gemeinsamkeiten der Partner nicht. Jeder Partner würde von vornherein darauf hinarbeiten, dass die Gemeinschaft irgendwann dem Verfall anheimfällt. Es bestünde kein Grund, wirklich füreinander da zu sein. Die Ehe wäre eine reine Zweckgemeinschaft, deren Zweck sich darin erschöpfen würde, aktuell den Zweck zu verfolgen, um den es im Lebensalltag gerade geht. Ein Ehepartner würde die Lebensgemeinschaft in der Vorstellung leben, dass sie in absehbarer Zeit beendet sein wird und jeder Partner eigene Wege geht. Was für einen Zweck hätte eine solche Verbindung?

Eine befristete Ehe schafft Manipulationsanreize

Hätte Ihre Ehe ein Verfallsdatum, könnten Sie sich der Versuchung ausgesetzt sehen, das nahende Ende so zu manipulieren, dass Sie Vorteile und der Ehepartner Nachteile hätte. Geht es um den Zugewinnausgleich, wäre es naheliegend, potentielle Vermögenszuwächse in den Zeitraum nach der Ehe zu verlegen. Sie könnten sich versucht sehen, Ihr Einkommen so zu verringern, dass der nacheheliche Ehegattenunterhalt sich nach dem sodann verringerten Nettoeinkommen richtet und der Versorgungsausgleich sich an den durch das verringerte Nettoeinkommen gleichfalls verringerten Rentenanwartschaften orientiert.

Kinder reifen in der intakten Ehe besser

Vielleicht denken Sie auch mal an Ihre Kinder. Sie müssten Ihrem Kind erklären, dass Ihre mit einem Verfallsdatum befristete Ehe demnächst ausläuft. Ob es als Vorteil zu werten ist, dass sich Ihr Kind langsam auf das Ende Ihrer Ehe vorbereiten und sich entscheiden kann, bei welchem Elternteil es künftig leben möchte? Die gedeihliche Entwicklung einer Kinderseele scheint das nicht unbedingt zu fördern.

Eine befristete Ehe steht auf einer Ebene mit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Wer die Vorstellung hat, eine befristete Ehe eingehen zu wollen, könnte sich genauso gut mit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zufriedengeben. Schließlich verpflichtet niemand irgendwen zur Eheschließung. Schließen Sie eine Ehe, bringen Sie nicht nur Ihre Zuneigung zum Partner zum Ausdruck. Mit einer Ehe verfolgen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Vorstellung, vielleicht Kinder in die Welt zu setzen, diese gemeinsam zu betreuen und zu erziehen, einen gemeinsamen Haushalt zu führen, sich gemeinsamen Hausrat anzuschaffen, vielleicht ein eigenes Familienwohnhaus zu bauen, Vermögenswerte und Ihre Altersversorgung aufzubauen.

Diese Perspektiven sind nur realistisch, wenn Sie zumindest mental die Vorstellung haben, dass Ihre Pläne zeitlich umsetzbar sind. Betrachten Sie diese Perspektiven hingegen unter einer zeitlichen Einschränkung, dürfte die Planung wesentlich schwerer fallen und mit Ungewissheiten und Unabwägbarkeiten einhergehen. Nur eine auf Dauer angelegte Ehe schafft die Grundlage, dass Sie diese Perspektiven mit aller Kraft, guten Gewissens und dem Glauben an eine gemeinsame Zukunft anpacken.

Alles in allem

Eine befristete Ehe mit Verfallsdatum erscheint interessant, ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss. Wenn Sie ehrlich sind, werden Sie sich eingestehen, dass Sie sich auf eine derartig geartete Lebensgemeinschaft kaum werden einlassen wollen. Die Zuneigung zum Partner passt nicht in diese Vorstellung. Eine Ehe ist eben kein Konsumartikel. Nur Qualitätsprodukte halten ein Leben lang.