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Langanhaltende Ehen - bis dass der Tod uns scheidet

 
 

Waren Sie 25 Jahre verheiratet, feiern Sie die Silberhochzeit, nach 50 Ehejahren die Goldene Hochzeit, nach 70 Jahren die Gnadenhochzeit und letztendlich nach 100 Ehejahren die Himmelshochzeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie die Himmelshochzeit tatsächlich auch im Himmel feiern, dürfte rein statistisch sehr hoch sein. Langanhaltende Ehen, die letztlich der Tod scheidet, scheinen ein Geheimnis in sich zu bergen. Nur so lässt sich erklären, warum es angesichts der relativ hohen Scheidungsrate trotzdem viele Ehen gibt, die scheinbar für die Ewigkeit geschlossen wurden. Lassen Sie uns darüber spekulieren, warum dem so ist.

Was ist das wahre Geheimnis langanhaltender Ehen?

Wirtschaftliche und organisatorische Gründe sind sicherlich ein Aspekt, warum langanhaltende Ehen nicht geschieden werden und die Partner trotz emotionaler Vorbehalte weiterhin zusammenleben. Man darf aber nicht nur das Negative sehen oder sehen wollen. Langanhaltende Ehe halten auch deshalb lange, weil die Partner auch nach vielen Ehejahren sich als Partner verstehen und ihr Versprechen bei der Eheschließung, …“bis der Tod euch scheidet“ ernst nehmen und als Lebensmaxime verstehen.

Wer viele Jahre miteinander durchs Leben gegangen ist und viele Probleme gemeistert hat, profitiert von einer Reihe prägender Lebenserfahrungen. Wenn Sie Kinder aufgezogen haben, stellen die Erinnerungen an diese Zeit einen wahren Schatz dar, den man gerne mit dem Partner oder der Partnerin teilen möchte. Gemeinsame Erinnerungen sind dann vielleicht die Krönung dessen, was die Partner verbindet und zusammenschweißt.

Auch der Bau eines gemeinsamen Wohnhauses oder gemeinsame Urlaubsreisen sind verbindende Elemente, auf denen Partner ihr gemeinsames Leben aufbauen und dadurch die Kraft haben, dass sie auch schwierige Zeiten überstehen können.

Aber auch Schicksalsschläge, die den Partner und die Partnerin an die Grenzen dessen geführt haben, was Menschen aushalten können, schaffen verbindende Gemeinsamkeiten. Wer die Erfahrung gemacht hat, dass er/sie mit dem Partner oder der Partnerin durch dick und dünn gehen und sich jeder auf den anderen verlassen konnte, darf darauf vertrauen, dass dies auch künftig so sein wird. Dieses Vertrauen in die gemeinsame Zukunft stärkt und verbindet. Auch Rückschläge oder Niederlagen, die sich im Leben sowieso nicht vermeiden lassen, haben dann nicht das Potenzial, diese durch die Jahre gefestigte Beziehung der Ehepartner brüchig werden zu lassen.

Vielleicht spielt auch der Umstand eine Rolle, dass Frauen das erste Kind immer später bekommen. Fast die Hälfte der Mütter ist heutzutage bei der Geburt ihres ersten Kindes älter als 30 Jahre. Wer in jungen Jahren Kinder bekommt, hat möglicherweise das Gefühl, im Leben etwas zu verpassen und das Bedürfnis, das vermeintlich Verpasste später nachholen zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass die Beziehung darunter leidet. Wer hingegen spät Mutter wird, hat diese Lebensphase bestenfalls bereits hinter sich gelassen und hat nicht mehr unbedingt das Bedürfnis, sich selbst etwas beweisen zu müssen. Daraus ergibt sich eine gute Voraussetzung für eine langanhaltende Ehe.

Eine stabile Ehe ist eine Partnerschaft

Eine stabile Beziehung ergibt sich heutzutage auch dadurch, dass Ehepaare ihre Partnerschaft im Sinne des Wortes als Partnerschaft verstehen, weil sie viele Gemeinsamkeiten besitzen, möglichst viel gemeinsam unternehmen und gemeinsame Ziele verfolgen. In früheren Jahrzehnten war die Arbeitsaufteilung in der Ehe meist eine andere. Viele Ehen waren dadurch geprägt, dass ein Ehepartner den Haushalt führte und die Kinder erzog, während der andere das Geld verdiente. Dass sich daraus Gegensätze entwickelt haben, dürfte auf der Hand liegen. Heute begegnen sich Ehepartner auf einer mehr gleichwertigen Ebene.

In einer Ehe, in der sich die Partner als Partner verstehen, ist ein Partner deshalb ein Partner, weil beide gemeinsame Wertvorstellungen und gemeinsame Ziele haben und vieles gemeinsam unternehmen. Wahrscheinlich haben diese Partner genau verstanden, dass sie diese Gemeinsamkeiten fortlaufend erneuern und im Alltag neu leben müssen. Je mehr Gemeinsamkeiten ein Paar hat, desto leichter fällt der gegenseitige Austausch und desto geringer ist das Risiko, dass man sich irgendwann nichts mehr zu sagen hat. Gemeinsamkeiten stabilisieren die Beziehung.

Ehen werden heutzutage bewusster geschlossen

Früher wurde geheiratet, weil ein Kind unterwegs war, die Eltern es wünschten, Mann oder Frau versorgt sein wollte oder der beste und gerade getraute Freund als Vorbild diente. Heute scheint es so zu sein, dass Ehepartner sich bewusster und gezielter für die Ehe entschließen, als es früher der Fall war. Wer die Ehe bewusst eingeht, entschärft von vornherein viel Konfliktpotenzial, das frühere Ehen vielfach geprägt hatte. Heutzutage ist die Ehe kein gesellschaftlicher Zwang mehr. Vielmehr ist die Ehe Ausdruck dessen, dass sich die Partner wirklich zueinander hingezogen fühlen und ihre Verbindung deshalb in eine Ehe überführen, weil sie von dieser Verbindung überzeugt sind. Die Ehe dokumentiert die Intensität einer solchen Beziehung.

Vielleicht sind Ehepartner heutzutage auch konfliktfähiger als früher. Konflikte wurden früher eher unter den Teppich gekehrt, insbesondere dann, wenn ein Partner sich dem anderen wirtschaftlich, emotional, beruflich oder intellektuell unterlegen fühlte und in der Scheidung die einzige Option sah, seine Probleme in der Ehe zu lösen. Wer heute heiratet oder in den letzten Jahren geheiratet hat, gehört einer anderen Generation an, in der Konflikte in der Ehe viel besser thematisiert werden. Heute gehen Ehepartner zur Paartherapie, wenn sie Probleme haben, während die Paartherapie in früheren Zeiten ein gewisses Tabuthema war. Lösungsorientierte Ansätze zur Problembewältigung könnten insoweit ein wichtiger Teil für eine glückliche Beziehung darstellen. Paare, die erfolgreich streiten und Probleme gemeinsam lösen, schaffen die Zuversicht, auch künftig schwierige Lebenssituationen gemeinsam bewältigen zu können.

Warum ist die Scheidung oft keine Option?

Sie können eine langanhaltende Ehe natürlich damit begründen, dass die Zuneigung der Partner alle Katastrophen überstanden hat, die das Leben oft so mit sich führt. Schön und gut für die Partner, wenn dem so ist. Oft sind die Gründe aber doch eher praktischer Natur. Lassen Sie uns zumindest kurz darüber sprechen.

Nicht umsonst heißt es, eine Scheidung führe nur dazu, dass die geschiedenen Partner wirtschaftlich betrachtet zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig haben. Wird der Versorgungsausgleich durchgeführt, halbiert sich möglicherweise die erhoffte Rente. Kommt es zum Zugewinnausgleich, bleibt von dem Vermögen, dass ein Partner glaubt, für sich allein erwirtschaftet zu haben, oft nur noch die Hälfte übrig. Wenn sich ein Ehepaar aus der Mittelschicht trennt, heißt es, entstehen rechnerisch meist zwei verarmte Haushalte.

Nicht jeder Partner hat die Kraft, nach einer Scheidung sein Leben neu zu organisieren. Wer aus der bislang gemeinsam genutzten Ehewohnung auszieht, muss einen neuen eigenständigen Hausstand begründen. Der damit verbundene organisatorische Aufwand ist hoch. Sie müssen Ihre neue Lebensumgebung so gestalten, dass Sie sich zumindest so wohl fühlen wie in Ihrer früheren Wohnung. Ob Sie dann wirklich zufrieden sind, ist ungewiss.

Vielleicht bleiben Sie auch nur wegen Ihrer Kinder zusammen. Sie möchten Ihren Kindern nicht zumuten, dass sie doch noch Scheidungskinder werden und sich von den Eltern enttäuscht fühlen. Dieses Argument zieht allenfalls dann, wenn die Kinder minderjährig und auf die Betreuung durch die Eltern noch angewiesen sind. Volljährige Kinder dürften mit der Scheidung ihrer Eltern eher weniger ein Problem haben.

Alles in allem

Ehen sind keine Konsumartikel, die sich aufbrauchen oder die sich nach Wunsch entsorgen lassen. Bekennen Sie sich bewusst zur Ehe und verstehen Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin als echten Partner, haben Sie die Perspektive, dass Ihre Ehe eine Erfolgsgeschichte wird.